Das Fesselnde der Ungewissheit

treppeMit einer seltsamen Gefühlsmischung aus Vorfreude und Schiss begebe ich mich auf den Weg zu meinem Spielpartner. Ich betrachte mein Spielgelbild im auf dem Gleis vor mir einfahrenden ICE. Blicke einen Moment meine im Wind in mein Gesicht wehenden blonden Haare an und lasse meine Augen langsam meinen Körper hinabgleiten während ich meine Haare aus dem Gesicht fische.

Ich greife nach meinem kleinen Koffer und steige mit festen Schritten, die den Boden unter meinen Stiefeln zu erzittern scheinen, in den Zug. Ich setze mich auf einen der Stühle bei denen man sich immer fragt, wie viele Menschen schon vor einem den Kopf an die hellblaue Lehne gedrückt haben und versinke in Gedanken was am Wochenende wohl passieren wird, während der Zug langsam und fast geräuschlos beschleunigt. Ich bin auf dem Weg zu einem Mann, ohne zu wissen, was genau er mit mir vorhat, ohne jede Kontrolle, ohne einen Plan und doch kann ich mich entspannen und lasse mich begleitet von Musik über die Gleise treiben, während die kleinen Städtchen sich vor dem Fenster mit Feldern abwechseln.

Endlich wird mein Ziel angekündigt und während ich nach meinem Koffer greife, spüre ich wie meine Beine doch ein wenig weich werden wollen. Ich taste mich an der Wand des Gangs entlang und die Minuten bis der Zug endlich den Bahnhof erreicht scheinen gar nicht vergehen zu wollen. Die Türe öffnet sich und mit ihr beginnt mein Herz zu rasen. Vorsichtig trete ich auf den Bahnsteig, umringt von in alle Richtungen um mich strömende Menschen blicke ich mich um, doch kann meinen Partner nirgendwo entdecken. Ich ziehe meinen Koffer hinter mir her und bewege mich langsam in Richtung der Treppe hinab vom Bahnsteig, während sich die Menschen vor mir plötzlich wie Wasser in einem Fluss um einen Stein in zwei Ströme aufteilt. Ich blicke auf und Manu direkt in die Augen. Er grinst leicht und nimmt mich in den Arm. Ich fühle, wie bei seiner Berührung, meine ganze Nervosität von mir abfällt und ich genieße es, einen Moment an seiner Schulter zu liegen, bevor wir gemeinsam den Bahnsteig verlassen.

Wir unterhalten uns, als würden wir uns schon ewig kennen, dabei sehen wir uns erst das 3. Mal in unserem Leben, doch durch die vielen Nachrichten und Telefonate, die wir geführt haben kennen wir einander doch. Wir gehen eine Pizza essen und während wir gemeinsam lachen und Späße machen, denke ich für einen Moment wie normal wir eigentlich sind, obwohl wir uns zu etwas ganz anderem an diesem Wochenende verabredet haben.

Wir laufen gemeinsam die Treppe zu seiner Wohnung hinauf und ich lache grade herzlich über einen Witz, als ich plötzlich schmerzhaft die Hand meines Freundes in meinen Haaren spüre. Ich sehe in den Augenwinkeln wie er in der einen Hand meinen Koffer trägt und meinen ganzen Körper mit seiner anderen Hand in meine Haare gewickelt gegen die Wand presst. Ich stütze mich mit den Händen gegen die Wand und wage es nicht, eine Hand die an meinen Haaren zieht zu berühren. Langsam kommt er mir immer näher und flüstert mir so nah, dass ich seinen Atem spüren kann leise ins Ohr, dass ich, sobald wir die Wohnungstüre hinter uns geschlossen haben, bis auf die Unterwäsche ausziehen muss. Dann gibt er mir einen Kuss an den Hals und lässt mich mit der Situation alleine, in dem er mich einfach wieder loslässt und die Treppe weiter hinaufgeht.

Ich fasse noch einen Moment mit den Händen gegen die Wand und lasse die Situation auf mich wirken, während ich tief einatme und ihm hinterherblicke. Langsam lasse ich die Wand los und greife nach dem Handlauf der Treppe, während ich immer noch überrumpelt von dem plötzlichen Besuch der dunklen Seite meines Freundes die Treppe hinauf gehe. Ich komme um den letzen Bogen der Treppe und sehe Manu einem Moment in die Augen, während ich höre wie das Schloss der Tür aufgeht. Er lächelt mich ganz leicht an und verschwindet dann in der Wohnung. Leise laufe ich die letzen Stufen hinauf, während mir seine Worte noch im Kopf schwingen und betrete mit bebendem Herzen die Wohnung.

Ich greife schweigend nach der Türklinke und schließe die Türe hinter mir, während mir bei dem Gedanken an seine Worte ein leichter Schauer über den Rücken läuft. Ich überlege einen Moment, ob ich mich nun wirklich ausziehen soll und denke, was wenn es nur ein Spaß war und dann stehe ich nackt da. Während ich noch schwanke, was ich tun soll und wirklich unsicher bin, nimmt Manu mir die Entscheidung ab. Er hat inzwischen meinen Koffer im Schlafzimmer verstaut und während er sich in den Türrahmen lehnt, sieht er mich streng an und sagt zuckersüß und ohne jede Aggression in der Stimme, dass ich sicher nicht will, dass er mir hilft.

Irgendwie denke ich nicht weiter nach, sondern füge mich fast willenlos und stehe bald in Unterwäsche vor ihm, während er immer noch ungerührt im Türrahmen lehnt. Langsam wandert sein Blick meinen Körper hinab und als seine Augen den Boden erreicht haben, befiehlt er mir, auf die Knie zu gehen. Dann kommt er langsam auf mich zu, umrundet mich schweigend und ich fühle, wie wenig Macht ich über die Situation habe. Wie ich dem was er will ausgeliefert bin.

Er bleibt hinter mir stehen. Ich versuche, zu hören was er vorhat, doch was auch immer in meinen Gedanken sich überlegen, verwerfen sie blitzschnell wieder. Dann plötzlich geht er einfach und lässt mich im Flur auf den Knien zurück.

Die Zeit vergeht schrecklich langsam. Ich fühle mich ganz gemein zurückgelassen, beinahe vergessen, wie ein Spielzeug, das man in die Ecke wirft und sich etwas anderem zuwendet. Ich kämpfe mit mir. Soll ich weiter auf den Knien bleiben, bis er irgendwann zurückkommt oder einfach aufstehen. Ein Teil in mir sagt, dass ich mich lächerlich verhalte und ein anderer beginnt eben jenes, dreckig behandelt zu werden, zu genießen. Ich höre die Geräusche aus den anderen Räumen, ich lausche und überlege, was er macht und frage mich wie lange er mich wohl in seinem Flur knien lassen wird.

Meine Knie schmerzen, ich fühle wie meine Beine in der ungewohnten Haltung langsam ihre Kraft verlieren und ein Stechen langsam einen Körper hinaufzieht, als meine Füße einschlafen. Ich bin gefangen in einem inneren Kampf zwischen einfach aufzustehen und die Situation zu beenden oder mich dem zu fügen, was in meinem Kopf schon seit Jahren eine lustvolle Normalität geworden ist.

Während ich noch darüber nachdenke, wie ich mich verhalten soll, läuft er an mir mit einer großen Schale Erdbeeren vorbei und stellt sie ein paar Meter vor mir auf den Boden und verschwindet wieder. Ich beobachte die Erdbeeren und frage mich, was sie sollen. Dann stellt er einen Stuhl hinter die Erdbeeren, setzt sich lässig auf den Stuhl und beobachtet mich schweigend, während ich unter dem ewigen Knien leidend vor ihm auf dem Boden bin.

Dann muss ich zu ihm vor krabbeln. Die Schale mit meinen ausgestreckten Armen ihm entgegenhalten und fühle mich ganz schrecklich gemein ausgenutzt, als er meine Lippen mit dem süßen Saft der Erdbeeren befeuchtet und sie danach während ich ihm zugucke alleine isst. Als nur noch eine einzige Erdbeere übrig ist, nimmt er mir die Schale aus der Hand und stellt sie vor mir auf den Boden. Ich blicke einen Moment in die Schale und als er plötzlich vor mir aufsteht fest in seine Augen.

Mit einem ekligen Grinsen meint er, während er zur mir hinab blickt, dass ich die letze Erdbeere haben kann, wenn ich sie nur mit dem Mund aus der Schale nehme.

Ich fühle mich wahnsinnig klein, während er vor mir steht und ich einen kurzen Moment nachdenke, ob ich das wirklich machen soll. Dann fühle ich wie mir immer wärmer wird, während mein Mund sich langsam dem auf dem Boden stehenden Teller nährt. Die Erdbeere ist unglaublich süß und ich merke wie ich es mich erregt und bei dem Gedanken, dass er es bemerken wird, werde ich ganz rot.

7 Gedanken zu „Das Fesselnde der Ungewissheit

  1. Sehr schön geschrieben, Natalia! Danke dafür! Ich kann mir vorstellen, dass diese eine Erdbeere besser geschmeckt haben muss, als ein ganzes Kilo es hätte tun können :-).

    • Guten Morgen Mic,

      vielen Dank für dein Lob 🙂

      Ich glaube, wenn der Kopf genügend rotiert, dann wird alles wesentlich intensiever als im Alltag.

      Hab einen schönen Sonntag 🙂

      Liebe Grüße

      Natalia

    • Freut mich, dass es dir gefallen hat 🙂

      Ich finde es immer noch nicht so leicht, über Dinge zu schreiben, wie ich zwar sehr mag, aber über die ich nicht mit jedem reden würde. Daher ist es schön zu lesen, dass es anderen auch gefallen würde…

      Eiswürfel sind aber auch nicht schlecht^^

      Liebe Grüße

      Natalia

  2. Vorletztes Wochenende war ich auf einem Seminar auf dem auch irgendwelche Übungen gemacht wurden, wovon ich eine auf den Knien ausführte. Mir taten meine Knie noch zwei Tage später weh. Daran musste ich denken, als ich die Szene las, wo sie so lange auf dem Flur kniete. Ich bezweifle, dass das durch Gewöhnung oder Gewohnheit schmerzfrei wird. Aber gut hat mir die Schilderung der inneren Gedankenwelt gefallen. Wenn man es dann konkret erlebt, bekommt man schon Bedenken, ob man das denn nun tatsächlich überhaupt will. Das kann ich gut nachvollziehen.

    • Hallo Waldstern, dein Kommentar ist leider im Spamfilte gelandet und ich habe ihn grade erst hinausgefischt. Natalia wird dir sicher bald antworten 🙂

      Liebe Grüße

      Nadine

    • Hallo Waldstern,

      ich muss leider gestehen, dass ich deine Narricht nicht gesehen habe, da sie wohl irgendwie im Spamfilter geladet ist. Ich muss noch ein bisschen mehr Routine im Bloggen und Antworten bekommen^^

      Ich glaube auch nicht, dass man sich irgendwann richtig daran gewöhnen kann, lange auf einer harten Oberfläche zu knien. Aber es ist schon so, dass es einem wenn man öfter gezwungen ist eine solche Haltung einzunehmen es zumindest weniger schlimm ist 😉

      Ich frag mich ja echt auf was für einem Seminar du warst 😀

      Liebe Grüße

      Natalia

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