Karteileichen und die Begegnung mit dem alten Ich

Wie bereits in einem früheren Eintrag erwähnt, wollen wir uns auf die Suche nach einer Spielgefährtin machen und so kam es, dass ich über meine eigene Suche nachdachte. Es war ein langer Weg, von der tiefen Sehnsucht in meinem Herzen, nach Dominanz und Schmerz.  Eine schier endlose Suche, gezeichnet von vielen Rückschlägen und Erniedrigungen, bis ich letztlich an der Seite meines Liebsten stand.

Ich wusste schon früh wonach ich mich sehne, doch es fühlte sich so unglaublich falsch an. Meine Sehnsucht wiedersprach allem, was ich gelernt hatte, was die Gesellschaft heute erwartet, wiedersprach jeder Vernunft. Lange hatte ich mich gegen die Gedanken und geheimen Wünsche in meinem Kopf gewehrt. Lange habe ich versucht sie totzuschweigen, mich selbst für ihre Existenz gehasst und doch habe ich begriffen, dass mein Leben sehr farblos sein wird, wenn ich mich ihnen nicht ergebe.

Das Web wurde zu meinem geheimen Zuhause, in dem ich das erste Mal begriff, dass ich nicht alleine bin. Das ich nicht verrückt bin, sondern eine von vielen. Das mein Verlangen einen Namen hat und die Welt zu der ich unweigerlich gehöre ihren eigenen Regeln folgt. Das Leiden und Leidenschaft für manche auf einem Blatt stehen. Ich las und träumte und beschloss, dass ich Teil dieser Welt werden will.

Ich braucht Zeit, bis ich schreiben konnte, was ich suchte. Die großen Seiten wie die „Sklavenzentrale“ waren abschreckend, schon vom Namen. Es fühlte sich schlecht und beschämend an und mein Verstand weigerte sich beharrlich meinen dunklen gelüsten nachzugeben. Die Vorstellung eine Sexsklavin zu sein, jemandem hörig, der sie benutzt wie er will, trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Ich zögerte Lange, Monate vergingen bis ich schließlich ein Profil auf alt.com erstellte. Ich war mir nicht sicher, ob ich bereit war. Ob mein Verstand mit meiner Sehnsucht leben konnte. Innerlich war ich zerrissen zwischen meinem sexuellen Verlangen und meinem Anspruch an mich selbst. Auf ein würdiges Leben, auf Respekt und Gleichberechtigung.

Ich füllte die Formulare aus, markierte wonach ich gierte, schrieb über mich und lud ein Foto hoch. Ich war mir nicht sicher, ob jemand auf mein Profil antworten würde. Mein Herz raste, als ich am nächsten Tag mein Profil aufrief. Ja ich hatte Nachrichten, ich hatte viele Nachrichten und meine Hoffnung und meine Vorstellungen von dem, was man mir schrieben würden rasten durch meinen Kopf. Ich traute mich nicht die Nachrichten zu lesen, ich brauchte einige Stunden, bis ich bereit war und die erste Nachricht las.

Es war erniedrigend. Jemand schrieb mir, dass er eine willige Dreilochstute suche, ein anderer fragte, ob ich nicht zu ihm in die Schweiz ziehen wolle – er sei 54 Jahre alt und vermögend. Der dritte schickte gleich ein Bild seines großen Hauses und seiner zwei BMW. Die nächsten Nachrichten waren so erniedrigend, dass mir übel wurde. Ich fragte mich, was ich eigentlich grade mache. War das ernsthaft das, was ich in meinem Leben wollte? Wollte ich eine willige Dreilochstute sein? Mir wurde schlecht, ich saß auf dem Boden im Bad und dachte darüber nach, ob ich das wollte und ich wurde mir immer unsicherer.

Ich fasste einen Entschluss. Ich zog den Stecker aus der Steckdose, ich hatte nicht die Kraft die Seite zu schließen. Ich verbannte alle Gedanken an meine dunkle Seite aus meinem Kopf. Erst nach Wochen wagte ich mich wieder in zurück in die dunkle Welt, doch alt.com habe ich nie wieder aufgerufen. Später lernte ich meinen Liebsten kennen, nicht über ein Profil, eher zufällig hatten wir uns in das Gleiche Forum verirrt. Langsam und vorsichtig wurde mir klar, dass ich jemanden kennengelernt hatte, der so war, wie ich es mir wünschte. Niemand, der nach einer willigen Dreilochstute suchte. Nein jemand der so dachte wie ich und doch vollkommen anders. Jemand, der auf der anderen Seite stand und mich doch respektierte.

Heute habe ich zum ersten Mal seit damals alt.com aufgerufen. Ich erinnerte mich, was ich damals fühlte und merkte doch, dass es mir nichts mehr ausmacht. Mir wurde klar, dass ich nicht mehr wie damals bin. Ich wurde neugierig und tippte in der Suche Daten ein, die zu meinem damaligen Profil passten. Ich bekam einen riesigen Schrecken. Ich sah mein altes Profil, ich hatte es nie gelöscht und scheinbar auch niemand anders. Dort stand, ich sei seit mehr als drei Monaten nicht mehr aktiv gewesen – was auch stimmt. Allerdings hätte man auch sagen können, ich war seit einigen Jahren nicht mehr aktiv. Ich las ein wenig in meiner alten Karteileiche und sah mein altes Ich. Ich sah meine Naivität und war sehr froh, dass ich den Stecker gezogen hatte. Dass ich mich nicht auf einen der Verrückten einließ. Ich hätte gerne einige der Nachrichten gelesen, die in meinem Postfach stecken müssen – doch ich kenne mein Passwort nicht mehr – und so werde ich wohl eine Karteileiche bleiben – eine Mahnung wenn man so will.

Als ich meiner Freundin Natalia vor einigen Wochen sagte, dass wir nach jemandem Suchen werden, schlug sie vor, dass wir hier suchen sollen. Das wir unseren Blog als Partnervermittlung missbrauchen sollen. Ich lehnte energisch ab. Wir haben uns zu diesem Blog entschlossen, weil wir unseren Lebensstil verständlich machen und für mehr Akzeptanz werben wollten. In mindestens gleich energischem Ton sagte sie, dass unser Blog nur von Menschen gefunden werden würde, die sich für BDSM interessieren, wir seien keine Stolpersteine über die man fliegt, wenn man nicht damit rechne.

Ich habe dies heute zum ersten Mal in Betracht gezogen. Als ich über meine eigene Suche nachdachte, über meine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse aber ich bin mir unsicher. Ich habe nicht einmal mit meinem Liebsten darüber gesprochen und doch ziehe ich es auf einmal in Betracht.

Wir sind ein Blog. Das Web 2.0 – interaktiv. Darum möchte ich euch als Leser um eure Meinung bitten, eure Gedanken und Erfahrungen.

Nadine

14 Gedanken zu „Karteileichen und die Begegnung mit dem alten Ich

  1. Warum nicht hier suchen? Wenn sich ein nettes Mädchen meldet, ist doch nichts schlimm daran. Sie kennt euch dann schon ein bisschen, ist euch möglicherweise schon lange gefolgt, hat mitgefiebert und sich gewünscht, an deiner Stelle sein zu dürfen.. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein solches Mädchen existiert. Und wenn nicht, dann eben nicht. Verlieren könnt ihr nichts.
    Ich habe allerdings immer wieder festgestellt, dass man Partner am besten findet, wenn man nicht sucht. Mein erster Spielpartner und späterer Freund war mein Trainingspartner. Einen Sub habe ich zufällig in einem Forum getroffen. Meinen Mann habe ich vor ein paar Jahren auf einem Stammtisch der SMJG getroffen und seit ich irgendwann zufällig einen Schlafplatz brauchte und mich erinnerte, dass er eine Wohnung in betreffender Stadt hatte, trafen wir uns häufiger.

    Man trifft Menschen meistens zufällig. Wenn man zu sehr sucht, versteift man sich glaube ich auch sehr auf die Vorlieben und sexuellen Wünsche einer Person – und vergisst zu leicht die Person selbst.
    Haltet einfach die Augen offen, gerade wenn ihr unter anderen BDSMlern seid.

    • Ja du hast recht, wir haben uns auch zufällig kennengelernt und waren eigentlich gar nicht auf der Suche nach jemandem. Ich hatte wenn ich ganz ehrlich bin, aufgehört überhaupt zu suchen..

      Wir werden es locker angehen – wie du so treffend sagst, man sollte sich nicht zu sehr auf bestimmte Dinge versteifen, sondern einfach mit offenen Augen durch die Welt gehen 🙂

      Danke für deinen Kommentar 🙂

  2. Ich finde die Idee auch gut und Samya hat sicher recht – verlieren könnt ihr nichts…

    Ich glaube nur, dass es wichtig ist, dass ihr diskret seit und ihr die Möglichkeit gebt, sich nicht für andere sichtbar vorzustellen zu müssen. Mir wäre es jedenfalls unangenehm es öffentlich machen zu müssen…

    Ich wünsche ich euch jedenfalls viel Glück und hoffe, dass ihr fündig werdet.

    Liebe Grüße

    Lea

    • Ja natürlich, wir werden absolut diskret sein. Wir erwarten ja uns gegenüber genau das gleiche und wir geben von uns ja auch nicht so viel hier preis, sondern sind sehr vorsichtig mit Fotos und Informationen die wir veröffentlichen. Wir werden natürlich vollkommen zu allem schweigen und wirklich gar nichts veröffentlichen.

      Danke für deine Überlegungen…

  3. Deine Freundin hat Recht…man verirrt sich nicht zufällig hierher, sondern sehr bewusst.
    Und, wie kann man einen ersten besseren Eindruck von Euch bekommen als hier?
    Diese Suche gehört doch zu Euch, Eurem Leben und somit darf es auch ein Teil dieses Blogs sein. Und Diskretion den Interessentinnen gegenüber, wie Lea schreibt,…nun, ich denke, das versteht sich von selbst.

    Ich bin mir sicher, die Richtige wird den Weg zu Euch finden!
    Alles liebe,
    Mel

    • Du hast wohl recht, niemand der sich nicht für die Dinge interessiert wird sich auf unseren Blog verirren. Und ja, die Suche gehört zu uns und sie gehört auch zum BDSM, man geht eben nicht in die nächste Bar, wenn man jemanden mit unserer Neigung kennenlernen will.

      Diskretion versteht sich von selbst – da hast du vollkommen recht.

      Ich danke dir für deinen Gedanken und deine Zuversicht 🙂

      Liebe Grüße

      Nadine

  4. Ich glaube auch, dass ihr es hier versuchen solltet. Wann hat man schon die Gelegenheit so viel über den anderen zu erfahren und ich finde, dass man fühlt, wie viel Spaß ihr bei der Sache habt…

    Ich bin auch sehr gezielt auf euren Blog aufmerksam geworden…

    Ich wünsche euch jedenfalls auch, dass die richtige ihren Weg zu euch findet 🙂

    lg

  5. Wir haben uns heute Abend nach einigen Stunden Skype entschieden, dass wir es wirklich hier wagen werden. Wir wissen noch nicht genau wie und wir wollen uns Zeit lassen und die Sache ruhig angehen. Samya hat recht, man sollte sich nicht auf die Dinge versteifen, sondern einfach die Dinge ihren Lauf nehmen lassen.

    Wir möchten euch noch einmal für eine Mühe danken.

    Wir wünschen euch einen schönen Abend 🙂

  6. Möchte dazu auch mal meine Meinung sagen.
    Ich kann meinen Vorrednern nur zu stimmen. Auf diesen Blog stößt man nicht zufällig. Ich selbst bin vor drei Tagenauf Euren Blog gestoßen und das durch exakte Suchbefehle.
    Wer also hier ist, der weiß was er will und sucht. Deswegen finde ich die Idee hier zu suchen auch gut.
    Und noch ein Lob an Euch beiden, euer Blog ist klasse und ich verschlinge alle Beiträge. Hoffentlich behaltet Ihr die Lust und Zeit hier noch lange weiter zu machen.

  7. Pingback: Sub/Sklavin Gesucht! | bdsm for life :: BDSM Blog

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